Von Regenjacken bis zu Beschichtungen in Rohrleitungen – PFAS, also perfluorierte Alkylverbindungen, sind dank ihrer extremen Beständigkeit vielseitig eingesetzte Polymere, landläufig als Kunststoffe bezeichnet. Seit Jahrzehnten schon warnen Wissenschaftler*innen vor den Gefahren und möglichen Auswirkungen dieser krebserregenden Substanzen auf Mensch und Umwelt. Spätestens seit Anfang dieses Jahres jedoch, als Journalist*innen in zahlreichen europäischen Tageszeitungen das Ausmaß der Verseuchung in Europa aufzeigten, stehen PFAS auf dem Prüfstand: Die Anstrengungen der Unternehmen, PFAS zu ersetzen, sind stark gestiegen, denn die EU prüft derzeit ein umfassendes Verbot dieser Substanzen.
Auch in Wasserstofftechnologien spielen PFAS eine zentrale Rolle, weil sie als Membran sehr beständig, einfach zu verarbeiten und hoch effizient sind. Es gibt jedoch seit längerem Bestrebungen, PFAS-freie Alternativen zu entwickeln, seit 2018 sind auch Forschende von Hahn-Schickard dabei aktiv. Ausgangspunkt bildete eine deutsch-kanadische Kooperation mit der Simon Fraser University in Vancouver. Denn dort, in der „Wiege der Brennstoffzelle“, werden schon seit langem alternative Polymere entwickelt mit der vielversprechenden Perspektive, sie den PFAS auch technisch überlegen zu machen.
So sind die neuartigen Polymere gasdichter, wodurch dünnere Membranen die Effizienz der Elektrolyse deutlich steigern könnten. Da weltweit Elektrolyse-Kapazitäten mit einem Strombedarf geplant werden, der mehr als das 20-fache des gesamten deutschen Bedarfs entspricht, könnten so enorme Mengen Strom eingespart werden.
Genau mit dieser Motivation werden bei Hahn-Schickard im Projekt „Fluorfreie-MEA“ unter der Leitung von Dr. Carolin Klose PFAS-freie Alternativen für die Elektrolyse-Anwendung entwickelt. Das Projekt ist Teil des Wasserstoff-Leitprojekts „H2Giga“. Hahn-Schickard entwickelt darin erstmals eigene PFAS-freie Polymere zusammen mit einem Membranhersteller aus Baden-Württemberg, der ebenfalls langjährige Expertise in dem Bereich mitbringt. Für dieses komplexe Themenfeld der Polymerentwicklung konnten hochrangige Experten für Hahn-Schickard gewonnen werden, unter anderem auch Privatdozent Dr. Klaus-Dieter Kreuer und Professor Giorgi Titvinidze – beide forschen seit über zwei Jahrzehnten an Polymeren für die Brennstoffzelle und Elektrolyse und verstärken seit 2021 Hahn-Schickard. Damit gehört Hahn-Schickard zu einer Handvoll Instituten weltweit, die diese wichtige Polymerentwicklung für Elektrolyse und Brennstoffzellen vorantreiben.
Auch in Brennstoffzellen für emissionsfreie Mobilität spielen PFAS-Alternativen eine wichtige Rolle. In der Luftfahrt könnten die PFAS-Alternativen sogar der Schlüssel zum Erfolg sein: “Mit PFAS-Alternativen können die Brennstoffzelle heißer betrieben werden. Das ist zentral für die Luftfahrt, denn höhere Temperaturen bedeuten große Gewichtseinsparungen und damit höhere Reichweite“ erklärt Dr. Andreas Münchinger, Leiter der Hahn-Schickard-Gruppe „Alternative Membranen“ und Hahn-Schickard Projektleiter im „H2Sky“-Verbund, das mit über 26 Mio. Euro das zentrale deutsche Projekt zur Entwicklung von Brennstoffzellen für die Luftfahrt ist.
Die 2022 ausgegründete ionysis GmbH ist ein Beweis dafür, wie weit der Forschungsstand bei Hahn-Schickard bereits ist. Denn auch die „ionysis GmbH“ hat sich PFAS-freie Elektrolyse- und Brennstoffzellen auf die Fahne geschrieben und konnte mit mittlerweile ca. 20 Mitarbeitenden erste Aufträge aus der Industrie gewinnen. Zählt man die Kooperationen mit der Universität Freiburg und dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE dazu, könnte Freiburg ein „Science Hub“ für PFAS-freie, grüne Technologien werden.